In Zeiten ertragsloser Nominalanlagen sind Investitionen in Sachwerte allenthalben gesucht. Die beliebtesten Sachanlagen – Aktien, Immobilien und Edelmetalle – haben jedoch aus diesem Grund in Sphären abgehoben, bei welchen ein Einstieg gut überlegt sein will. Da schaut man sich nach Alternativen um – Kunst, Uhren oder eben Oldtimer bzw. Classic Cars. Doch eignen sich letztere wirklich als reine Wertanlage, die zwar keinen eigentlichen Ertrag ausschütten, sondern wie die Edelmetalle mit Wertsteigerungspotential locken? Die findige Finanzindustrie scheint auf jeden Fall dieser Meinung zu sein, gibt es doch mittlerweile fondsähnliche Produkte mit Oldtimern im Portfolio, denen Wertsteigerungspotential zugemessen wird. Zusätzlich verlockend: die am Fonds beteiligten Investoren können die Juwelen auf vier Rädern zum Teil sogar sporadisch selber fahren.
Auch ausserhalb der Oldtimerszene hat man unglaubliche Preise wahrgenommen, die einzelne klassische Autos bei Auktionen erzielt haben. So fanden zum Beispiel verschiedene Verkäufe von Ferrari 250 GTO zu Werten von CHF 50 Mio. und mehr statt. Noch in den siebziger Jahren wechselten diese Autos als ausgediente Rennsportwagen deutlich unter hunderttausend Franken die Hand. Aber auch frühe Porsche 911, Aston-Martins DB4 und DB5, Mercedes 300 SL Flügeltürer oder einzelne Modelle von Maserati, Lamborghini und Bentley haben ihren Wert in den letzten Jahrzehnten verzehnfacht und mehr. Geht das nun so weiter?
Fachleute prophezeien zwar in Anbetracht der fortschreitenden Entmündigung der Fahrer durch autonome Systeme eine zunehmende Attraktion der klassischen Autos. Doch die Oldtimerszene sieht sich durch gesellschaftliche Veränderungen sowie durch das gesteigerte Umweltbewusstsein zunehmend bedroht. Da ist zum einen das weitgehend fehlende Interesse der Millennials (und erst recht der nachfolgenden Generationen) am privaten Autobesitz und damit auch an klassischen Autos. Aber auch diejenigen, die sich noch am Auto als technisches Kulturgut begeistern können, befürchten zu Recht, dass sie den erworbenen Oldtimer in Zukunft aus umweltrelevanten Gründen gar nicht mehr auf öffentlichen Strassen werden bewegen dürfen. Dies wird sich – und tut es bereits jetzt – unweigerlich negativ auf die Bewertung von klassischen Autos auswirken. Die Preise sind tendenziell fallend, auch bei den unteren und mittleren Kategorien, nicht nur bei den absoluten Topangeboten.
Es geht wohl nicht mehr so weiter, zumindest nicht im gleichen Ausmass wie bisher. Von einer Investition in Oldtimer alleine mit Sicht auf das kurz- und mittelfristige Wertsteigerungspotential wäre demzufolge abzuraten. Man sollte dieses technische Kulturgut vielmehr als solches erleben: Freude an der Mechanik und am genussvollen Fahren – quasi als Naturaldividende – und eine immer noch mögliche Wertsteigerung oder auch nur eine Wertstabilität als angenehmen Nebeneffekt geniessen.