Rohstoffe – wie Phönix aus der Asche?

Offene Mine

In unserem März-Blog beleuchten wir das Thema der Rohstoffe und die damit einhergehende Diskussion rund um die Energiewende. Längst ist diese Thematik nicht nur auf der politischen Agenda der Grünen zu finden, sondern hat den Weg als sogenannter «Megatrend» auch in die Anlage- und Vermögensverwaltung gefunden.

Wir schrieben das Jahr 2018, als der ehemalige US-Präsident Trump mit der kruden Idee, Puerto Rico gegen Grönland zu tauschen, seinen Beraterstab überraschte und in der Folge die dänische Regierungschefin Frederiksen vor den Kopf stiess. Was manch einer als präsidiale geistige Verirrung taxierte, hatte im Trumpschen Universum durchaus ein eigenes Kalkül. Zum einen wäre man das unliebsame und 2017 vom Hurrikan «Maria» verwüstete Aussengebiet losgeworden, zum anderen hätte man mit Grönland eine ressourcenreiche Insel sein Eigen nennen können. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Handelskonflikt mit China eine neue Dimension erreichte. Die evidente Abhängigkeit der USA von China in punkto Seltene Erden sowie die daraus latent drohenden Sanktionen seitens Pekings machen einen Aufbruch zu neuen Ufern notwendig. Grönland liegt da nahe.

Die riesige Insel ist reich an wichtigen Rohstoffen, die im Kampf gegen den Klimawandel unabdingbar sind. Nebst den Uranvorkommen im Süden der Insel sind es vor allem die Metalle, welche den Seltenen Erden zugeordnet werden und für Industrie und Technologie unverzichtbar sind. Unter der schmelzenden Eisdecke liegt eines der weltweit grössten unerschlossenen Vorkommen an Seltenen Erden. Diese finden ihren Einsatz in Windturbinen, Solarpanels, Elektroautos, Smartphones, wiederlaufladbaren Batterien, Bildschirmen, Akkus und in der Medizinaltechnik – um nur einige Gebiete aufzuzählen. In einer modernen und technologisierten Welt wird die globale Nachfrage nach Seltenen Erden über die kommenden Jahre kontinuierlich steigen.

An sich suggeriert der Begriff «Seltene Erden» ein inadäquates Bild. Seltene Erden sind für sich genommen nicht selten. Man findet praktisch überall kleinere Mengen. Selten sind hingegen grössere Vorkommen, welche rentabel gefördert werden können. Die derzeit grössten Lagerstätten befinden sich in China. Um an dieser Stelle gedanklich in China zu verweilen, lohnt sich ein Blick in den 14. Fünfjahresplan der Volksrepublik, welcher im vergangenen Oktober anlässlich der Zusammenkunft des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei beraten und ausgearbeitet wurde. Dieser zeigt, dass China bis in das Jahr 2025 den technologischen Innovationen und insbesondere der umweltfreundlichen Wirtschaftsentwicklung besonderes Augenmerk zukommen lassen wird. Das Reich der Mitte will die ökologische und kohlenstoffarme Entwicklung beschleunigen sowie eine umweltverträgliche Ausrichtung der wirtschaftlichen Dynamik fördern. Das Erreichen der gesteckten Klimaziele ist mit kapitalintensiven Investitionen in Rohstoffprojekte verbunden.

Die Energiewende ist in aller Munde und wird als einer der grossen Megatrends der kommenden Jahre gehandelt. Dies unterstreicht auch der von Goldman Sachs veröffentlichte Rohstoffausblick¹. Goldman Sachs spricht und prophezeit sogar den Beginn eines neuen Superzyklus analog zum Rohstoffbullenmarkt der 2000er-Jahre. Damals wurden – bedingt durch die vorangetriebene Industrialisierung sowie Urbanisierung innerhalb der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien & China) die Rohstoffpreise in die Höhe getrieben. Der Bullenmarkt fand, mitunter durch die Finanzkrise verursacht, in der Folge ein jähes Ende.

Die Zeichen für einen erneuten Boom im Rohstoffsektor sind vielversprechend. Eine steigende Nachfragedynamik, insbesondere bei Kupfer, ist bereits zu beobachten. Um die CO₂-Emmissionen deutlich zu verringern und die Ziele zur Umstellung auf grüne Technologien zu erreichen, wird der Bedarf an Industriemetallen steigen. Grosszügige fiskalische Stimuli werden Investitionen im Sinne der Energiewende und zu Gunsten der Infrastruktur weiter ankurbeln. Während über die letzten zehn Jahre ein klarer Bullenmarkt die Aktienmärkte beflügelte, frönten Anlagen in Rohstoffe ein tristes Dasein. Die Gründe, die nun für steigende Rohstoffpreise sprechen, sind mannigfaltiger Natur. Nebst dem schwachen US-Dollar und der Aussicht auf eine anhaltende wirtschaftliche Erholung ist dies vor allem die Kombination von steigender Nachfrage, latenten Unterinvestitionen in die benötigten Bergbauprojekte und einer deutlichen Unterbewertung der Rohstoffe gegenüber Aktien. All dies unterstreicht das Durchschreiten der Talsohle und lässt ein klares Aufholpotential erahnen.

Ob wir nun am Anfang eines erneuten Rohstoff-Superzyklus stehen, wird die Zukunft zeigen.  Als sicher gilt, dass der Bedarf an Basis- wie auch Technologiemetallen steigt und das Thema Rohstoffe gegenwärtig medialen Rückenwind geniesst. Oft reicht dies aus, um den Appetit der Anleger anzuregen. Bei aller optimistischen Ausgangslage sollte sich der interessierte Investor jedoch bewusst sein, dass Anlagen in Rohstoffe Geduld abverlangen und im Kontext eines diversifizierten Depots lediglich eine strategische Beimischung darstellen.


¹ «2021 Commodities Outlook: REVing up a structural bull market»

TOM BRADY UND DER GLAUBE…

…an ein gutes Aktienjahr!

Am vergangenen Sonntag war es wieder soweit: Die 55. Ausgabe des Super Bowls, des weltweit grössten jährlich wiederkehrenden Sportanlasses, wurde in Tampa (FL) zwischen den Tampa Bay Buccaneers und den Kansas City Chiefs ausgetragen. Mit 31:9 führte der Star-Quarterback Tom Brady seine Bucs aus Tampa zum Sieg und durfte die begehrte Vince Lombardy-Trophäe entgegennehmen. Für diejenigen Leser, welche sich bis dato nicht mit American Football auseinandergesetzt haben, sei der Super Bowl wie folgt erklärt: Jeweils am ersten Sonntag im Februar spielt das beste Team der American Football Conference (AFC) gegen das beste Team der National Football Conference (NFC) im Finale um den Super Bowl. Das Siegerteam darf sich dann Meister der National Football League (NFL) nennen und ist somit, aufgrund fehlender Konkurrenz von ausserhalb der USA, de facto auch gleichzeitig Weltmeister.

Man mag sich zu Recht fragen, in welchem Verhältnis der Super Bowl zum Thema Vermögensverwaltung steht. Je nach Betrachtung lautet die Antwort «in keinem» oder zumindest «in einem kleinen». Zwischen dem Ausgang des Super Bowls und der Entwicklung der Aktienmärkte besteht seit jeher eine Beziehung, allgemein bekannt als „Super Bowl Indikator“ (SBI). Die Theorie besagt, dass wenn ein Team aus der American Football Conference (AFC) gewinnt, im laufenden Jahr die Bären den Aktienmarkt dominieren, während bei einem Sieg eines Teams aus der National Football Conference (NFC) die Aussichten auf ein positives Aktienjahr gegeben sind. Einfach auf den Punkt gebracht, suggeriert der SBI die Entwicklung des Aktienmarktes für den weiteren Jahresverlauf. Leonard Koppett, ein Sportjournalist der New York Times, entdeckte diese originelle Besonderheit in den späten Siebzigern. Bis dahin hatte sich der SBI nie geirrt. Zu einer grösseren Popularität gelangte der SBI dann durch Robert Stovall, einen Wall Street Analysten. Wie so oft an der Wall Street geschehen, werden zufälligen Entdeckungen etwas Prophetisches zuteil, und sie gesellen sich im Laufe der Jahre in die Reihe unzähliger Börsenweisheiten.

Der Super Bowl wird seit 1967 ausgetragen. Beobachtet man die Periode von 1967 bis 1997, so lag der SBI 28 von 31 Mal richtig. Dies bedeutet eine Trefferquote von sagenhaften 90%. Von solcher Genauigkeit in punkto Marktvorhersage träumen wohl die meisten Volkswirte und Investment Strategen. Wirft man einen Blick auf den gesamten Zeitraum seit 1967, so liegt die Trefferquote bei 74%. In der Mehrzahl der Fälle ist es daher korrekt, dass eine Korrelation zwischen dem Ausgang des Super Bowls und dem Verlauf des Aktienmarktes besteht. Eine Kausalität hingegen ist nicht gegeben. Man spricht daher von einer Scheinkorrelation. Die auffallende Trefferquote entbehrt gleichzeitig jeglicher Finanzlehre. Einen rationalen Grund für die Treffgenauigkeit gibt es nicht. Der SBI geniesst den Ruf eines nicht wissenschaftlich basierten Aktienbarometers.

Vor allem über die letzten Jahre hat der SBI jedoch an Treffsicherheit eingebüsst. Die seit dem Jahre 2016 andauernde «Verlustserie» ist die längste in der Beobachtungsperiode. Die dem SBI zugrunde liegenden Daten sind über fünfzig Jahre alt, und gleichzeitig haben sich die Rahmenbedingungen an den Aktienmärkten seither grundlegend verändert und unterlagen einem strukturellen Wandel.

Der Sieg der Bucs, einem Team der NFC, impliziert gemäss der Theorie positive Renditen am Aktienmarkt. Müssen wir als Anleger nun Aktien kaufen? Die Antwort liegt im Ermessen eines jeden. So oder so, der SBI ist ein „Fun Fact“, ein unterhaltsames Phänomen ohne plausible Begründung in einer oft ernsthaften Finanzwelt. Aber was ist in dieser Zeit überhaupt noch plausibel? In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass der SBI Recht behält und Tom Brady und seine Bucs uns positive Aktienrenditen schenken. Wir wünschen Ihnen ein weiteres erfolgreiches Anlagejahr.